weg

marlene schulz

Weg


Seitdem ich ihm sagte, du, ich kann nicht mehr, echt nicht mehr, ist er verschwunden. Kürzlich sah ich ihn. Ich saß im Bus, er lief durch den Grünstreifen in der Nähe vom Bahnhof. Die Hose, die er trug, war ihm zu lang. Auch das Jackett. Er hatte eine Wollmütze über beide Ohren gezogen und tief in die Stirn hinein. Er ging fast gebückt, als könne er so am besten in sich hineinsehen. Geraucht hat er, dabei hat er nie geraucht. Vielleicht heimlich?
Manchmal ruft er an. Er leiht sich das Telefon von einem Freund. Meine Nummer kennt er auswendig. Sein Handy ist kaputt, draufgetreten nach einer durchzechten Nacht. Jemand hatte Wein mitgebracht und Schnaps, selbstgebrannten. Macht nichts, hat er gesagt, war eh alt und Guthaben gab es auch keines mehr. Wir hielten uns beide etwas auf an diesem Wort: Guthaben. Als gäbe es Schlechthaben oder Gutweggeben.
Ich konnte ihn nicht mehr gut haben, am liebsten hätte ich ihn weggegeben, irgendwo abgegeben, diesen streunenden Hund, damit er nicht so für sich wäre und immer etwas zu Fressen hätte.
Irgendwann musste das angefangen haben. Ich hatte es gar nicht bemerkt. Er vielleicht?
Ich habe ihn nicht gefragt. Als ich es hätte tun können, war er schon weg.

 

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